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1、【德语阅读】罗莎卢森堡书信集 Anmerkungen zur Transkription: Im Original gesperrt gedruckter Text wurde mit _ markiert. Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurden bernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurden korrigiert. Eine Liste der vorgenommenen nderungen findet sich am Ende des Textes.
2、 Inkonsistente oder falsche Schreibweisen von Eigennamen (Wolf/Wolff, Hoffmannsthal) wurden beibehalten. ROSA LUXEMBURG BRIEFE AUS DEM GEFNGNIS INTERNATIONALE JUGENDBIBLIOTHEK Nr.10 ROSA LUXEMBURG Briefe aus dem Gefngnis Mit einem Bild und einem Faksimile 1922 VERLAG DER JUGENDINTERNATIONALE BERLIN-
3、SCHNEBERG Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das der bersetzung Copyright by Verlag der _Jugendinternationale_, Berlin-Schneberg 21. BIS 40. TAUSEND Herausgegeben vom Exekutivkomitee der Kommunistischen Jugendinternationale Druck von Walter Grtzmacher, Berlin SW61, Blcherstr.22 Illustration: Rosa
4、 LuxemburgZur EinfhrungDrei Jahre und vier Monate hat Rosa Luxemburg whrend des Krieges imGefngnis verbracht, ein Jahr (vom Februar 1915 bis Februar 1916) imBerliner Weibergefngnis (Barnimstrae) fr eine in Frankfurt a.M.gehaltene Rede ber die Soldatenmihandlungen, dann zwei Jahre und vierMonate (vom
5、 10. Juli 1916 bis zum 10. November 1918) in Schutzhaft inBerlin, Wronke und Breslau. Sie war ganz von der Auenwelt abgeschnitten,nur Bcher und Briefe, die strenge Zensur passiert hatten, durften sieerreichen. Einmal im Monat war Besuch unter strenger Aufsicht gestattet.Die Kraft der mutigsten Vorkm
6、pferin des Proletariats sollte gebrochenund ihre weckende, die Lge geielnde, die Wahrheit wissende Stimmesollte zum Schweigen gebracht werden. Beides milang. Dieser sthlerneWille erschlaffte nicht. Rosa Luxemburg hat in diesen Gefngnisjahrenunermdlich gearbeitet. - Die unsagbare Einsamkeit endloser
7、Tageund Nchte sammelte alle Krfte ihres Geistes und ihrer Seele. DieLeidenschaft der Erkenntnis lie ihre Stimme zu Fanfarentnen anschwellen:die berhmte Junius-Broschre, die hinter Gittern entstand, war nichtder einzige Weckruf, der den Weg aus dem Gefngnis fand. Flugbltter,Aufrufe und wesentliche Be
8、itrge zu den Spartakus-Briefen wute RosaLuxemburg ihren politischen Freunden zu bermitteln. Durch aufreibendeillegale Korrespondenz und Arbeit suchte sie von ihrer Zelle aus dierevolutionre Entwicklung der deutschen Arbeiter zu lenken.Doch weder ihre wissenschaftliche noch ihre agitatorische Arbeit
9、ausdiesen furchtbaren Jahren soll hier gewrdigt werden. Hier gilt es, derJugend, den Arbeitern, all denen, fr deren Wohl und Freiheit siekmpfte, litt und starb - durch feige Verbrecherhnde starb - dieganze Seele der Vielverleumdeten zu zeigen. Hier schwindet die Scheuvor Preisgabe persnlichen Lebens
10、. Diese privaten Briefe sind keinePrivatbriefe mehr. Wer die Wissenschaftlerin und Kmpferin Rosa Luxemburgkennt, kennt noch nicht alle Seiten ihres Wesens. Die Briefe aus demGefngnis runden das Bild. Die Anhnger und Mitkmpfer Rosa Luxemburgshaben ein Recht darauf, den Reichtum ihres unermdlich quell
11、endenHerzens zu kennen. Sie sollen sehen, wie diese Frau, ber ihren eigenenLeiden stehend, alle Wesen der Schpfung mit verstehender Liebe unddichterischer Kraft umfngt, wie ihr Herz in Vogelrufen erzittert, wieVerse beschwingter Sprache in ihr widerklingen, wie Schicksal undtgliches Tun der Freunde
12、in ihr geborgen sind. So stellen wir dasDenkmal auf, das die Tote sich selbst errichtet hat.Berlin, August 1920 Die Herausgeber Die in dieser Sammlung enthaltenen Briefe sind an Frau Sophie Liebknecht gerichtet Illustration: Aus dem Briefe vom 20. Juli 1917AUS LEIPZIG_Postkarte._1 Leipzig, 7. 7. 16.
13、 Meine liebe kleine Sonja!Es ist heute eine drckende feuchte Hitze, wie meist in Leipzig - ichvertrage so schlecht die Luft hier. Ich sa vormittag 2 Stunden in denAnlagen am Teich und las im Reichen Mann.2 Die Sache ist brillant.Ein altes Mtterchen setzte sich neben mich, tat einen Blick auf dasTite
14、lblatt und lchelte: Das mu ein feines Buch sein. Ich lese auchgern Bcher. Bevor ich mich zum Lesen hinsetzte, prfte ich natrlichdie Anlagen auf Bume und Strucher hin - alles bekannte Gestalten, wasich mit Befriedigung feststellte. Die Berhrung mit Menschen befriedigtmich dagegen immer weniger; ich g
15、laube, ich werde mich doch bald insAnachoretentum zurckziehen, wie der hl. Antonius, aber - sanstentations mehr. Seien Sie heiter und ruhig. Herzliche Gre Rosa.Den Kindern viele Gre.AUS BERLIN_Postkarte._ Berlin, den 5. 8. 1916. (Gefngnis in der Barnimstrae.) Meine liebe kleine Sonja!Heute, am 5. Au
16、gust, erhalte ich soeben Ihre beiden Briefe zusammen:den vom 11. Juli (!) und den vom 23. Juli. Sie sehen, die Post zu mirgeht lnger als nach New York. Inzwischen habe ich auch die Bchergekriegt, die Sie mir geschickt hatten und ich danke Ihnen fr alles aufsherzlichste. Es tut mir sehr weh, da ich S
17、ie in Ihrer Lage verlassenmute; wie gern mchte ich mit Ihnen im Feld wieder ein wenig schlendernoder im Erker in der Kche auf den Sonnenuntergang blicken . Von Helmihatte ich eine ausfhrliche Karte mit der Reisebeschreibung. Vielen,vielen Dank auch fr Hoelderlin. Aber Sie mssen nicht so mit dem Geld
18、fr mich schmeien, das ist mir eine Pein. Auch fr alle guten Sachenund die Wicken herzlichen Dank. Schreiben Sie bald, dann kriege ich esvielleicht noch in diesem Monat. Ich drcke Ihnen fest und warm dieHand. Bleiben Sie tapfer und lassen Sie sich nicht niederdrcken. Ichbin in Gedanken bei Ihnen. Gre
19、n Sie vielmals Karl und die Kinder. Ihre Rosa.Pierre Loti ist wunderbar, die andern habe ich noch nicht gelesen.AUS WRONKE_Postkarte._3 Wronke, 24. 8. 1916.Liebe Sonitschka, da ich jetzt nicht bei Ihnen sein kann! Die Sachetrifft mich schwer. Aber, bitte, behalten Sie den Kopf oben, mancheswird scho
20、n anders, als es jetzt aussieht. _Jetzt mssen Sie aber fort_- irgendwo aufs Land, ins Grne, wo es schn ist und wo Sie Pflegefinden. Es hat keinen Sinn und Zweck, da Sie jetzt weiter hier sitzenund immer mehr herunterkommen. Bis zur letzten Instanz knnen wiederWochen vergehen. Bitte, gehen Sie sobald
21、 wie irgend mglich. Fr Karlwird es sicher auch eine Erleichterung sein, wenn er Sie auf Erholungwei. Tausend Dank fr Ihre lieben Zeilen vom 10. und fr die gutenGaben. Sicher werden wir nchstes Frhjahr zusammen im Feld und imBotanischen herumstreifen, ich freue mich jetzt schon darauf. Aber jetztgehe
22、n Sie fort von hier, Sonitschka! Knnen Sie nicht zum Bodensee,damit Sie ein bichen den Sden spren!? Bevor Sie gehen, mchte ich Sieunbedingt sehen, machen Sie eine Eingabe in der Kommandantur. SchreibenSie bald wieder eine Zeile. Bleiben Sie ruhig und heiter trotz alledem!Ich umarme Sie. R.Fr Karl ta
23、usend herzliche Gre.Die beiden Karten von Helmi und Bobbi habe ich erhalten und mich sehrgefreut. Wronke, 21. 11. 16. Meine geliebte kleine Sonitschka,ich erfuhr von Mathilde, da Ihr Bruder gefallen ist, und bin ganzerschttert von diesem Schlag, der Sie wieder traf. Was mssen Siealles in der letzten
24、 Zeit ertragen! Und ich kann nicht einmal bei Ihnensein, um Sie ein wenig zu erwrmen und aufzuheitern!. Auch bin ichunruhig um Ihre Mutter, wie sie dieses neue Leid ertragen wird. Dassind bse Zeiten, und wir haben alle eine lange Verlustliste im Leben zuverzeichnen. Jeder Monat kann jetzt wahrhaftig
25、 wie bei Sebastopol frein Jahr zhlen. Hoffentlich kann ich Sie recht bald sehen, ich sehnemich danach von ganzem Herzen. Wie haben Sie die Nachricht von IhremBruder erhalten, durch die Mutter oder direkt? Und was hren Sie vondem anderen Bruder? Ich wollte Ihnen so gern durch die Mathilde etwasschick
26、en, habe aber hier leider gar nichts, als das kleine bunteTchlein; lachen Sies nicht aus; es sollte Ihnen nur sagen, da ichSie sehr liebe. Schreiben Sie bald eine Zeile, damit ich sehe, inwelcher Verfassung Sie sind. Gren Sie tausendmal Karl. Ich umarmeSie herzlichst Ihre Rosa.Den Kindern viele Gre!
27、 Wronke, 15. 1. 17. Ach, heute gab es einen Augenblick, da ichs bitter sprte. DerPfiff der Lokomotive um 3,19 sagte mir, da Mathilde abdampft, und ichlief gerade wie ein Tier im Kfig den gewohnten Spaziergang an meinerMauer entlang, hin und zurck, und mein Herz krampfte sich zusammen vorSchmerz, da
28、ich nicht auch fort von hier kann, o, nur fort von hier!Aber das macht nichts, mein Herz kriegte gleich darauf einen Klaps undmute kuschen; es ist schon gewhnt, zu parieren wie ein gut dressierterHund. Reden wir nicht von mir.Sonitschka, wissen Sie noch, was wir uns vorgenommen haben, wenn derKrieg
29、vorbei ist? Eine Reise zusammen nach dem Sden. Und wir tun das!Ich wei, Sie trumen davon, mit mir nach Italien zu gehen, das Ihnen dasHchste ist. Ich plane hingegen, Sie nach Korsika zu schleppen. Das istnoch mehr als Italien. Dort vergit man Europa, wenigstens das moderneEuropa. Denken Sie sich ein
30、e breite heroische Landschaft mit strengenKonturen der Berge und Tler, oben nichts als kahle Felsklumpen von edlemGrau, unten ppige Oliven, Lorbeerkirschen und uralte Kastanienbume.Und ber allem eine vorweltliche Stille - keine Menschenstimme, keinVogelruf, nur ein Flchen schlickert irgendwo zwische
31、n Steinen, oderin der Hhe raunt zwischen Felsklippen der Wind - noch derselbe, derOdysseus Segel schwellte. Und was Sie an Menschen treffen, stimmt genauzur Landschaft. Pltzlich erscheint z.B. hinter einer Biegung desBergpfades eine Karawane - die Korsen gehen immer hintereinander ingestreckter Kara
32、wane, nicht im Haufen wie unsere Bauern. Vorne luftgewhnlich ein Hund, dann schreitet langsam etwa eine Ziege oder ein mitScken voller Kastanien beladenes Eselchen, dann folgt ein groesMaultier, auf dem eine Frau im Profil zum Tiere mit gerade herabhngendenBeinen sitzt, ein Kind in den Armen. Sie si
33、tzt hoch aufgerichtet, schlankwie eine Zypresse, unbeweglich; daneben schreitet ein brtiger Mann inruhiger fester Haltung, beide schweigen. Sie wrden schwren: es ist dieheilige Familie. Und solche Szenen treffen Sie dort auf jeden Schritt.Ich war jedesmal so ergriffen, da ich unwillkrlich in die Kni
34、e sinkenwollte, wie ichs immer vor vollendeter Schnheit mu. Dort ist noch dieBibel lebendig und die Antike. Wir mssen hin, und so wie ichs getan:zu Fu die ganze Insel durchqueren, jede Nacht an einem anderen Ortruhen, jeden Sonnenaufgang schon im Wandern begren. Lockt Sie das? Ichwre glcklich, Ihnen
35、 diese Welt vorzufhren.Lesen Sie viel, Sie mssen auch geistig vorwrts kommen, und Sie knnendas - Sie sind noch frisch und biegsam. Und nun mu ich schlieen.Seien Sie heiter und ruhig an diesem Tage. Ihre Rosa. Wronke, 18. 2. 17. Seit langem hat mich nichts so erschttert, wie der kurze BerichtMarthas
36、ber Ihren Besuch bei Karl, wie Sie ihn hinter dem Gitter fandenund wie das auf Sie wirkte. Weshalb haben Sie mir das verschwiegen? Ichhabe ein Anrecht, an allem, was Ihnen weh tut, teilzunehmen, und lassemeine Besitzrechte nicht krzen! Die Sache hat mich brigens lebhaftan mein erstes Wiedersehen mit
37、 den Geschwistern vor 10Jahren in derWarschauer Zitadelle erinnert. Dort wird man in einem frmlichenDoppelkfig aus Drahtgeflecht vorgefhrt, d.h. ein kleinerer Kfigsteht frei in einem greren, und durch das flimmernde Geflecht derbeiden mu man sich unterhalten. Da es dazu just nach einem 6tgigenHunger
38、streik war, war ich so schwach, da mich der Rittmeister (unserFestungskommandant) ins Sprechzimmer fast tragen mute und ich mich imKfig mit beiden Hnden am Draht festhielt, was wohl den Eindruck eineswilden Tieres im Zoo verstrkte. Der Kfig stand in einem ziemlichdunklen Winkel des Zimmers und mein
39、Bruder drckte sein Gesicht ziemlichdicht an den Draht. Wo bist Du? frug er immer und wischte sich vomZwicker die Trnen, die ihn am Sehen hinderten. - Wie gern und freudigwrde ich jetzt dort im Luckauer Kfig sitzen, um es Karl abzunehmen!Richten Sie an Pfemfert meinen herzl. Dank fr den Galsworthy au
40、s. Ichhabe ihn gestern zu Ende gelesen und freue mich sehr darber. DieserRoman hat mir freilich viel weniger gefallen als Der reiche Mann,nicht trotzdem, sondern weil die soziale Tendenz dort mehr berwiegt.Im Roman schaue ich nicht nach der Tendenz, sondern nach knstlerischemWert. Und in dieser Bezi
41、ehung strt mich in den Weltbrdern, daGalsworthy zu _geistreich_ ist. Das wird Sie wundern. Aber es istderselbe Typ wie Bernard Shaw und auch wie Oskar Wilde, ein jetzt inder englischen Intelligenz wohl stark verbreiteter Typus: eines sehrgescheiten, verfeinerten, aber blasierten Menschen, der alles
42、inder Welt mit lchelnder Skepsis betrachtet. Die feinen ironischenBemerkungen, die Galsworthy ber seine eigenen personae dramatis mitdem ernstesten Gesicht macht, lassen mich oft laut auflachen. Aber wiewirklich wohlerzogene und vornehme Menschen nie oder selten ber ihreUmgebung sptteln, wenn sie auch alles Lcherliche bemerken, soironisiert ein wirklicher Knstler nie ber seine eigenen Geschpfe.Wohlverstanden, Sonitschka, das schliet die Satyre groen Stilsnicht aus! Zum Beispiel Emanuel Quint von Gerhart Hauptmann ist dieblutigste Satyre auf die moderne Gesellschaft, die se